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DIE BSG-ALLGÄU STIFTUNG UND IHR SOZIALES ENGAGEMENT

Copyright Ralf Lienert

Gespräch mit Gerhard Dambeck, ehrenamtlicher Vorstand und Mitbegründer der Stiftung

Die BSG-Allgäu Stiftung hat auf Initiative ihres Vorstandsmitgliedes, Herrn Gerhard Dambeck, im Frühjahr 2021 mehrere freie Mitarbeiter*innen des T:K-Theater in Kempten unterstützt, die hinter der Bühne tätig sind und die unter den Verdienstausfällen während der pandemiebedingten Schließung des Theaters finanziell sehr gelitten haben. Für dieses großzügige soziale Engagement möchten wir uns herzlich bedanken und nehmen es zum Anlass, die Stiftung und ihre Arbeit vorzustellen.

Hans Piesbergen hat das Ehepaar Dambeck in ihrer Wohnung in Kempten besucht und ein angeregtes Gespräch mit dem sehr humorvollen und engagierten ehemaligen Direktor des Amtsgerichtes Kempten geführt.

Herr Dambeck, Sie sind ein Gründungsmitglied der sehr jungen Stiftung der Bau- und Siedlungsgenossenschaft BSG-Allgäu, nach Meinung des beurkundenden Notars eine «Turbostiftung». Wie kommt man zu diesem Titel?

Gerhard Dambeck: Normalerweise dauert die Gründung einer Stiftung bis zu vier Jahre, da die Bestimmungen des Stiftungsrechts sehr streng gefasst sind und die zuständige Stiftungsaufsichtsbehörde im Regelfall viele Vorgespräche mit den Stiftungsgründern führen muss. Wir hatten aber schon im Vorfeld uns eine präzise ausgearbeitete Stiftungssatzung überlegt und die zuständige Sachbearbeiterin der Regierung von Schwaben gebeten, unseren Vorschlag einfach mal durchzusehen. In erfreulich entgegenkommender Weise war sie hierzu bereit und siehe da, tatsächlich wurde schon unser erster Vorschlag weitgehend akzeptiert! So dauerte die Gründung unserer Stiftung nur etwa ein Jahr und war im August 2020 abgeschlossen.

Wie kam es zu Ihrem so ungewöhnlich präzisen Vorschlag einer Satzung?

Gerhard Dambeck (schmunzelt): Meine diversen beruflichen Tätigkeiten erwiesen sich da doch als sehr hilfreich. Denn außer meiner Tätigkeit als Richter und zuletzt Direktor des Amtsgerichtes Kempten war ich jahrelang Justiziar beim Deutschen Skiverband und habe dort u.a. 2007 die Strukturveränderung vom Verein zum Unternehmen wesentlich mitgestaltet, inklusive der Partner-Agentur des Skiverbandes «Triceps». Ich würde mich daher durchaus als Spezialist in nahezu allen Belangen des Vertrags- und Vereinsrechts bezeichnen. Allerdings fand ich in Robert Treffler einen wertvollen Teamplayer, besonders mit seiner umfassenden Erfahrung in allen Fragen sozialer Hilfeleistung. Außerdem lag und liegt mir die Stiftung so sehr am Herzen, dass ich mich bereits vorausschauend durch alle rechtlichen Fragestellungen einer Stiftungsgründung durchgearbeitet hatte, bevor wir den Antrag bei der Stiftungsaufsichtsbehörde eingereicht haben.

Die Stiftung liegt ihnen am Herzen, sagen Sie. Woher kommt diese starke Beziehung? Sie waren ja nie für die BSG beruflich tätig.

Gerhard Dambeck: Sehen Sie, der ehemalige Vorstandsvorsitzende der BSG-Allgäu, Mario Dalla Torre, und ich befreundeten uns erst über den Lions Club und dann auch persönlich. Die sehr sozial und gesellschaftlich verantwortungsbewusste Unternehmensphilosophie der BSG-Allgäu kenne ich daher seit Jahren. Nach meiner Pensionierung überlegten meine Frau und ich, wir sind kinderlos, wie wir eines Tages unser Vermögen sinnvoll weitergeben können. Diverse bestehende Stiftungen, die wir uns genauer angesehen haben, entsprachen nicht wirklich unseren Vorstellungen. Und so entstand gemeinsam mit unserem Freund Mario Dalla Torre und seinen Nachfolger*innen die Idee einer gemeinnützigen Sozial- und Kulturstiftung.

Auf der Internetseite der Stiftung heißt es „Unsere Motivation gründet auf dem spürbaren demographischen Wandel und dessen Folgen. Mit der BSG-Allgäu Stiftung unterstützen wir daher Menschen in sozialen Notlagen sowie Kulturschaffende.“

Gerhard Dambeck: Wir wollen da sein für Menschen, die unverschuldet in Schwierigkeiten geraten sind, und wo öffentliche Mittel nicht zur Verfügung gestellt werden. Im Zentrum stehen diese Form der Hilfe, ferner Bildung, Kunst und Kultur.

Wie kam es nun zur Hilfe für die «Backstageheroes», also die Unterstützung unserer freien Mitarbeiter hinter der Bühne?

Gerhard Dambeck: Meine Frau und ich sind seit Jahrzehnten Theaterabonnenten und haben uns auch immer dafür interessiert, wie viel Arbeit hinter der Bühne steckt. Im Zuge der Pandemie und natürlich auch in der intensiven Beschäftigung mit den Aufgaben der BSG-Allgäu Stiftung hatte ich immer wieder die Liedzeile von Brecht und Weill im Kopf «Und man siehet die im Lichte, die im Dunkeln sieht man nicht». Und so begann unser Kontakt….

Stimmt, aus heiterem Himmel kam im März Ihr Anruf, ob ich Ihnen Mitarbeiter*innen nennen könnte, die nicht künstlerisch tätig und auch nicht durch eine Festanstellung sozial abgesichert sind und die sich über eine finanzielle Hilfe in dieser Zeit freuen könnten. Ich gebe zu, ich war völlig perplex. Denn auch wenn viele Zuschauer*innen uns enorm unterstützt haben in den letzten Monaten, indem sie ihre Eintrittskarten gespendet haben, ist so ein Anruf, «wir wollen helfen, wer kommt dafür in Frage», einzigartig.

Gerhard Dambeck: Nun war uns von vorne herein klar, dass wir die Empfänger*innen selbstverständlich nicht outen.  Und so haben wir uns für eine Stellvertreter-Lösung entschieden und waren sehr froh, als überzeugenden Repräsentanten der Branche Werner Schmidbauer gewinnen zu können. Er hat dann am 31. März wegen der strengen Pandemieregeln auf dem Vorplatz des Theaters – gewissermaßen als Symbol für die vorgesehene Summe – ein Pappdeckel-Osterei mit einem Branding der Stiftung entgegengenommen. In den darauffolgenden Tagen ließen wir dann den tatsächlichen Empfänger*innen das „Osterhäsle“ zukommen.

© Christine Tröger

Lieber Herr Dambeck, lassen Sie uns doch auf die anderen Tätigkeiten der Stiftung und auf die Zukunft einen Blick werfen.

Gerhard Dambeck: Momentan ist unser wesentlichstes Projekt die Förderung der Initiative «Stark auch ohne Muckis», die den Schutz von Kindern und Jugendlichen vor Mobbing zum Ziel hat. Speziell ausgebildete Coaches gehen in Kindergärten und Schulen und vermitteln den Kindern und Jugendlichen Wege, wie sie sich wehren können ohne Gewalt. Bei uns im Allgäu macht das Frau Rathgeber, ihr Training mit den Kindern umfasst jeweils zwei Tage mit einem Abschluss, bei dem auch die Eltern dabei sind. Unsere Stiftung, namentlich unser Vorsitzender, Herr Treffler, ist an die Kindergärten und Schulen herangetreten und so werden die ersten Trainings nach Ende des Lockdowns demnächst schon realisiert sein. Selbstverständlich soll dieses Projekt möglichst weiter gehen, es gibt ja noch viele Kindergärten und Schulen und vor allem: es kommen jedes Jahr neue Kinder hinzu.

Konkret heißt das…

Gerhard Dambeck: … wir knüpfen den Kontakt, die Schulen machen den Vertrag mit der Initiative «Stark auch ohne Muckis» und den Pädagogen und die BSG-Allgäu Stiftung übernimmt die Kosten.

Könnten auch Schulen und Kindergärten von sich aus auf Sie zukommen, wenn sie Interesse an einem «Stark auch ohne Muckis»-Training haben?

Gerhard Dambeck: Gerne, am besten mit einer Mail an info@ bsg-allgaeu-stiftung.de. Wir prüfen dann zunächst, ob die Voraussetzungen für ein Engagement der Stiftung gegeben sind. Denn bei den Stiftungsmitteln handelt es sich ursprünglich um Zuwendungen von Mitbürgern, also gewissermaßen um «fremdes Geld», mit dem natürlich sorgsam umgegangen werden muss.

Lieber Herr Dambeck, ich danke Ihnen und Ihren Kollegen für Ihr großes Engagement und für unser wunderbares Gespräch!