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Papier kann sexy sein

Im Gespräch mit Christine Schöler von SCHÖLER Druck in unserem Blog.

Von Hans Piesbergen

In den vergangenen Jahren haben wir bei verschiedenen Druckprodukten mit SCHÖLER Druck, Immenstadt, zusammengearbeitet und waren immer wieder glücklich über die Qualität von Papier und Druck und die Kommunikation. Zu unserer großen Freude hat sich nun die Geschäftsführerin von SCHÖLER Druck, Christine Schöler, bereit erklärt, Sponsor unserer Druckprodukte der Saison 2020/21 zu sein. Wir können somit regional drucken und die Transportwege und Verpackungen sind auf ein Minimum reduziert. Viel wesentlicher aber ist, dass SCHÖLER klimaneutral druckt. Was das genau bedeutet, darüber haben wir mit Frau Schöler gesprochen.

Im Druckbereich ist die Umweltbelastung scheinbar sehr hoch: Die Papierproduktion verbraucht sehr viel Holz und Wasser, die Druckfarben sind oft umweltbelastend usw. Wo setzt SCHÖLER hier an?

Christine Schöler: Hier ist einiges an Aufklärung nötig. Die Rechnung «Für jeden Prospekt werden soundso viele Bäume gefällt» ist zu simpel, denn der gesamte Kreislauf hat sich in den vergangenen Jahrzehnten enorm verbessert. Wir haben uns bereits 1997 der Klimaneutralität verschrieben, was bedeutet, dass für jeden Prozess in unserer Druckerei alljährlich exakt der CO2-Ausstoß berechnet wird. Wir halten unseren CO2-Ausstoß so gering wie möglich, indem wir ökologisches Papier einkaufen und Biofarben auf Pflanzenbasis benutzen. Allerdings ist es bisher noch nicht möglich, den CO2-Ausstoß zu 100% zu vermeiden. Dort, wo wir ihn nicht verbessern können, gleichen wir das aus, indem wir Zertifikate kaufen, mit denen wir beispielsweise den Windmühlenbau unterstützen.

Fangen wir mit dem Papier an. Seit Ende der 70er Jahren kennen wir das Recyclingpapier – grau, unansehnlich.

Christine Schöler: Die Papierproduktion braucht immer noch zu 90% den Rohstoff Holz. Der wird allerdings nicht, wie oft angenommen, durch Rodung von Urwäldern gewonnen. Die Papierindustrie in Europa verwendet hauptsächlich Holzabfälle – Baumstümpfe usw. – der Möbelindustrie, vorrangig der Massenmöbelindustrie aus Skandinavien, die wiederum ihr Holz aus der Beforstung in Skandinavien bezieht. Das ist die Frischfaser.

Der zweite Papierbestandteil ist der Zellstoff, der aus dem Recycling gewonnen wird. Dazu bedarf es des De-ink-Vorganges. Hierbei muss dem Altpapier die Farbe mittels Säure entzogen werden. Unter Umständen ist der CO2-Ausstoß hier viel höher als bei der Frischfaser – dem Holzabfall.

Um es zusammen zu fassen: der Gesamtkreislauf kann nicht nur mit Recyclingpapier funktionieren. Papier braucht die Frischfaser, alleine schon zur Stabilität. Beim Recyclingpapier wird die Faser immer kleiner, dadurch sinkt die Stabilität enorm, dicke Umschläge oder Karten sind so nicht herzustellen. Dazu kommt, dass Recyclingpapier per se nicht weiß sein kann. Um weißes Recyclingpapier zu bekommen, muss die Farbe mittels Säuren entzogen werden, damit erhöht sich aber wieder die Umweltbelastung.

Und so ist eine gute FSC® -Herstellung von Papier bedeutend besser als reines Recyclingpapier.

Was ist FSC® -Herstellung?

Christine Schöler: FSC® steht für „Forest Stewardship Council®“. Es ist ein internationales Zertifizierungssystem für nachhaltige Waldwirtschaft. Das Holz für Papier und Karton mit FSC-Siegel kommt aus Wäldern, die verantwortungsvoll bewirtschaftet werden. Wir bedrucken nur FSC® -Papier, wir wissen, wo unser Papier herkommt und woher der Papierhersteller sein Holz bezieht. Der größte Teil kommt übrigens aus Schweden und Finnland.

Gibt es eine Möglichkeit, den Baum für die Papierherstellung zu ersetzen?

Christine Schöler: Die Forschung ist hier sehr weit. Es funktioniert mit Stroh, mit Blattgrün und natürlich mit Baumwolle. Das ursprüngliche Papier entstand ja aus Baumwolllappen. Allerdings sind diese Ersatzstoffe bedeutend teurer und vor allem nicht in den erforderlichen Mengen vorhanden. Der nachhaltigste Rohstoff ist immer noch der Baum.

Hat die Holzart einen Einfluss auf die Qualität des Papiers?

Christine Schöler: Auf jeden Fall, vor allem Stabilität und Weiße sind davon abhängig. Die wichtigste Baumart ist die Fichte. Kiefer oder Zirbe wären viel zu zäh.

Welches Papier verwenden Sie intern in Ihrer Verwaltung, also beim Kopierpapier?

Christine Schöler: Selbst beim Kopierpapier verwenden wir kein Billigprodukt vom Lieferanten oder aus dem Internet, sondern beziehen es von einem regionalen Betrieb. Es sollte uns allen bewusst sein, dass die Unmengen an alltäglich im Büro und zu Hause verwendetem Kopier- bzw. Druckerpapier eine enorme Bedeutung beim Klimaschutz haben. Hier ist wirklich jede*r einzelne gefordert, sehr bewusst zu kaufen. Bei den gängigen Billigprodukten aus Asien ist die Lieferkette nicht nachzuvollziehen, da wissen Sie definitiv nicht, welcher Baum gefällt wurde.

Es geht um den Preis.

Christine Schöler: Ja, sicher, es muss uns allen klar sein, billiges Papier oder auch ein billiger Druck bei einer der Online-Druckereien ist nur möglich, wenn die Anbieter ihrerseits wieder billigst einkaufen. Da spielen Ökologie, Nachhaltigkeit und Zertifizierungen nur eine untergeordnete Rolle. Dazu kommen Transportwege und Verpackungen – daher ist es absolut umweltverträglicher, regional drucken zu lassen.

Lassen Sie uns in diesem Zusammenhang auch über die Druckfarben sprechen.

Christine Schöler: Die von uns verwendeten Druckfarben basieren auf nachwachsenden Pflanzenölen, sind cobalt-frei rezeptiert und erfüllen das Kriterium zur De-inkbarkeit. Das heißt, sie kommen komplett ohne Mineralöl und andere gesundheitsschädliche Inhaltsstoffe, wie Schwermetalle (z.B. Blei, Arsen, Cadmium, Selen, Antimon, Quecksilber, Chrom) und Weichmacher (Phthalate) aus. Umweltfreundliche Druckfarben basieren auf pflanzlichen Ölen und Harzen, wie zum Beispiel Leinöl, Sojaöl oder Baumharz. Diese Inhaltsstoffe sind nachwachsend, leicht abbaubar und wasserlöslich.

Die Farben trocknen langsamer als die herkömmlichen Druckfarben. Das bedeutet eine Verlangsamung des Druckprozesses. Dazu kommt, dass diese Farben ein bis zwei Euro teurer pro Kilogramm sind. Wie ja auch das FSC® -Papier teurer ist als das herkömmliche Papier. Nachhaltigkeit hat ihren Preis.

Wie lösen Sie das Problem der längeren Trocknungszeit?

Christine Schöler: Wir brauchen eine sehr genaue Planung. Alternativ können wir einen Neutrallack mitdrucken, eine Art Schutzlack, der die Trocknungszeit halbiert. Auch dieser Schutzlack ist wasserbasiert und ohne Zusatzstoffe.

Bei manchen griffigen Papiersorten verlieren aber Fotos oft enorm an Wirkung.

Christine Schöler: Das stimmt so nicht wirklich. Wir haben bei uns im Haus Papierprofile, das heißt, es gibt etliche Bedruckstoffe und jeder Job wird anders profiliert. Dadurch schaffen wir eine ganz andere Leuchtkraft. Das sind Vorgänge, die bekommen Sie gar nicht mit. Die Druckqualität kann auf jedem Papier brillant sein.

Wie steht es mit speziellen Kundenwünschen wie Heißfolie und UV-Lack?

Christine Schöler: Diese Veredelungen müssen im Müll entsorgt werden, dafür gibt es keine Möglichkeit des Recyclings. Daher empfehlen wir immer davon abzusehen und das Produkt lieber durch ein hochwertiges Papier zu veredeln. Hier muss man genau ansetzen: wählt man ein griffiges Papier oder ein glattes, ein Papier mit Einschlüssen oder perforiert usw. Es gibt unendlich viele Möglichkeiten, denn Papier erzeugt Emotionen, es spricht an. Papier und Druck können sexy sein!

Sie sind auch bekannt für Ihre Kulturförderung, was ist Ihre Motivation dabei?

Christine Schöler: Kultur ist eine maßgebliche Quelle der Inspiration, sie bringt uns voran, erfreut uns und gibt uns in gewissem Sinne auch Halt. Wir unterstützen seit Jahrzehnten die Kulturszene in unserem schönen Oberallgäu und merken gerade in den Zeiten von Covid-19, in denen es viele Einschränkungen gibt, wie wichtig Kultur ist.

Liebe Frau Schöler, ein wunderbares Schlusswort für die Zusammenarbeit mit uns als Theater. Vielen Dank für das Gespräch und vielen Dank für die Zusammenarbeit!